Jeder Kilometer zählt - Etappe 203

Beim Frühstück warnt mich Lukas vor stärkeren Böen. Das seien aber nur vereinzelte Windstöße, nichts dauerhaftes. (Spoiler: es stürmt konstant mit 70 km/h und die "stärkeren Böen" liegen weit darüber.)
Wir freuen uns total, wieder im Sattel zu sitzen. Das Radeln ist schon längst zu unserem Alltag geworden - jeder kennt seine Aufgaben und diese laufen ganz routiniert ab.
Der Wind weht uns aus Venedig raus. Leider müssen wir eine scharfe Kurve nach Nordosten nehmen und haben fortan Gegenwind. Auf den Fahrradwegen schlinger ich hin und her, Lukas merkt vom Wind - wie immer - nichts. Irgendwann endet der Radweg und wir fahren auf einer Nationalstraße weiter. Weder links noch rechts stehen Bäume, Büsche oder sonst eine Begrenzung, die den Wind, der über die kahlen Felder pfeift, aufhalten könnte. Mein Fahrrad lässt sich kaum lenken, also pendle ich irgendwo zwischen dem rechten Fahrbahnrand und der Mittellinie. Die Autos fahren gewohnt knapp vorbei und ich sehe vor meinem inneren Auge wie ich umkippe und von einem LKW zermatscht werde.
Ich behaupte von mir selbst, dass ich kein ängstlicher Typ bin, aber heute hab ich Angst. Als ich Lukas, der an einer Haltebucht wartet, endlich einhole, ist er blau gefroren und ich ganz zittrig. Wir buchen das nächste B&B und ich schiebe die letzten Kilometer; das ist auch eine enorme Anstrengung, aber dafür ist die Wahrscheinlichkeit zermatscht zu werden gering.
Unsere Gastgeberin sieht uns ganz mitleidig an, als wir - mit unseren vom Wind schiefen Helmen - vor ihr stehen und päppelt uns mit heißem Tee auf.





Kommentare

Jürg Kälin hat gesagt…
Lukas ohne Bart - wie ungewohnt

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