Crack-Höhle - Etappe 159

Heute geht es zurück nach Las Palmas, wo wir uns ein paar Tage Ruhe gönnen. Der Weg führt die ganze Zeit an der Schnellstraße entlang; das ist nicht besonders schön, aber die Alternative wäre ein riesiger Umweg mit nochmals ordentlich Höhenmetern.
Arthur bucht sich ein Hotelzimmer mit eigenem Bad, während Lukas und ich in das billigste Hostel auf ganz Gran Canaria einchecken. Wir werden herzlich empfangen, stehen aber in keiner Backpacker-Unterkunft wie erwartet. Die meisten (naja, alle) Bewohner leben hier dauerhaft. Für über 15 Personen gibt es zwei Duschen und es riecht überall nach Pisse. Die Leute sehen kaputt und abgerissen aus. Sie mustern einen ganz genau und murren einen an, falls sie überhaupt grüßen. Als ich nach dem Abendessen den Sandwich-Maker saubermache (ich gehe davon aus, dass es das erste Mal war, dass das Gerät einen Lappen gesehen hat), werde ich prompt von einem mageren, alten Mann mit Krücken, der ständig die Zunge heraushängen lässt, auf Spanisch angemotzt - ich habe wohl den falschen Lappen verwendet. Ich bin ziemlich baff und lege meine Arbeit nieder.
Am Tag darauf, treffen wir uns mit Ben aus Belgien, den Arthur auf der Fähre nach Teneriffa kennengelernt hat. Wir sitzen gemütlich am Strand, trinken Bier und erzählen uns gegenseitig Geschichten. Ben hat das Fahrradfahren für eine Weile an den Nagel gehängt und arbeitet während des Winters in einem Hostel. Als wir von unserer Unterkunft erzählen, lacht er - die "Crack-Höhle" sei in ganz Las Palmas bekannt.
Als wir heute Abend wieder mit zig anderen Leuten in der winzigen Küche stehen (natürlich alle ohne Maske) bekommen wir ein paar tragische Lebensgeschichten erzählt. Vor allem rührt mich ein Feuerwehrmann, der wegen Epilepsie nicht mehr arbeiten kann, kein Geld hat und uns trotzdem von seinem Abendessen anbietet; er lässt uns erst gehen, als wir einen Teller gegessen haben. Uns wird klar, dass hier keiner gerne lebt. Die meisten Bewohner sind Einheimische, die ihren Job verloren haben - wegen Corona oder wegen Krankheit. Diese Unterkunft ist die letzte Option vor der Obdachlosigkeit.
Als wir von unserer Reise erzählen sind sie ganz überrascht und die die Englisch sprechen, übersetzen unsere Geschichten auf Spanisch, für die, die uns nicht verstehen. Die zwei Fahrräder im Eingang hatte natürlich schon jeder bemerkt und sie wollen alles über Lukas' Liegerad erfahren. Es ist nett und alle sind plötzlich ganz herzlich - sogar der Mann mit der heraushängenden Zunge schaut nicht mehr böse.
Trotzdem (und weil das Hostel ausgebucht ist) wechseln wir für die letzte Nacht in Las Palmas die Unterkunft und ziehen zu Ben ins Hostel.


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