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Sperrgebiet - Etappe 115

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Der Priester weckt uns morgens um 7 Uhr mit Gesang. Draußen ist es noch dunkel und bitterkalt. Im Aufenthaltsraum gibt es ein kleines Frühstück, der Priester bringt uns frischen Kaffee; aber um 8.30 Uhr setzt er uns auf die Straße. Eine Weile fahren wir zu dritt, bis Aurore uns für ein zweites Frühstück verlässt. Wir fahren weiter Richtung Léon. Um diese Stadt ranken sich viele Corona-Mythen - jeder dem wir begegnen, erzählt uns etwas anderes. Fakt ist: Léon ist im Lockdown. Manche sagen, man dürfe die Stadt nicht passieren und die Polizei hätte alle Zugänge abgeriegelt; andere sagen, der Transit ist erlaubt, aber man darf nicht stoppen und Fotos schießen. Wir versuchen unser Glück und siehe da: keine Polizei, keine Sperre, noch nicht einmal eine Warnung an der Ausfahrt. Auch die Innenstadt sieht nicht nach Lockdown aus. Es sind viele Leute unterwegs, die die Sonne genießen - auch teilweise ohne Maske. Da wir heute morgen so früh rausgeworfen wurden, haben wir viel Zeit und machen orde...

Ein großes Wiedersehen - Etappe 114

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Die Nächte werden immer länger und kälter, deswegen kehren wir immer öfter in Pilgerherbergen ein. Das Laub ist verfärbt und die Felder abgeerntet. Als wir am Kanal entlang fahren, treffen wir auf Aurore, die wir seit gut 1000 km nicht mehr gesehen haben. Wir fahren ein Stück zusammen und verabreden uns für die Nacht in einer Herberge in Sahagun. Heute fahren wir wieder mehr auf Asphalt, wofür ich sehr dankbar bin. Immer wieder kommen wir an winzigen Ortschaften vorbei, die sich mitten im Nirgendwo angesiedelt haben. Die Herberge heute, ist unter christlicher Leitung. Abends werden wir vom Priester aus dem Aufenthaltsraum geworfen, damit wir die strikte Bettruhe ab 22 Uhr einhalten. Frage des Tages: Was würdest du bereuen nicht getan zu haben, wenn dein Leben endet.

Genug der Buße - Etappe 113

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Unser erster Weg führt zur Fahrradwerkstatt, wo wir mein Rad abholen und uns mit neuem Wartungsmaterial versorgen. Ich kaufe mir Handschuhe - gegen den eisigen Fahrtwind. Heute fahren (oder eher holpern ) wir vor allem auf dem Wanderweg. Viel Kies, wenige Pilger. Als wir an einer kleinen Kirche vorbeikommen, stoppt uns die Ordensschwester, die sich zur Aufgabe gemacht hat, allen Pilgern eine gute Reise zu wünschen. Sie schenkt uns ein kleines Medaillon, das uns Glück bringen soll. Wirklich Glück bringt uns das Ding nicht: An einem steilen Hang gibt Lukas' Umwerfer irreparabel auf. Die nächste Werkstatt ist in Léon, aber Léon ist im Lockdown. Die nächsten paar hundert Kilometer muss Lukas nun in einem Gang fahren. Gar nicht so einfach, bei den ganzen Hügeln. Frage des Tages: Was geht dir leicht von der Hand?

Und noch ein Höhenrekord - Etappe 112

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Arthur lassen wir in der Herberge zurück, er ruht sich einen Tag aus. Es ist kalt, aber den Berg hoch - auf 1080 mNN - kommen wir ganz schön ins Schwitzen, dafür frieren wir bergab. Supermärkte sind rar bis gar nicht vorhanden, zum Glück haben wir etwas auf Vorrat gekauft. Nach Burgos rein, fahren wir durchs Industriegebiet. LKWs rasen an uns vorbei, Fahrradwege gibt es zwar, aber nur sehr schmale. Das ist kein schöner erster Eindruck von Burgos. Wir sind froh, dass wir schnell fahren können und nicht pilgern müssen. In der Innenstadt bringen wir mein Fahrrad in die Werkstatt, wo mein Vorderrad festgezogen wird. Dann spazieren wir gemütlich durch die Altstadt, zur Kathedrale und hoch auf das Castillo mit Ausblick über den schönen Teil der Stadt. Frage des Tages: Was lässt dich alles um dich herum vergessen?

Pilgerwahnsinn - Etappe 111

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Die Nacht ist bitterkalt und der Tee am Morgen vertreibt zumindest kurz die Kälte, aber der Wind pfeift eisig. Nachdem wir alle drei zusammengepackt haben, radeln wir los. Wir kommen an Kartoffel-, Paprika- Chili- und Zwiebelfeldern vorbei. Die Paprikas sehen köstlich aus - so weit im Süden sind wir also schon. Nachmittags kehren wir gemeinsam mit Arthur in eine Pilgerherberge ein, mit im Zimmer ist Tanja - eine echte Pilgerin, die zu Fuß unterwegs ist. Wir gehen gemeinsam essen und für gerade mal 11 € bekommen wir ein Drei-Gänge-Pilgermenü mit Rotwein. Wir lachen viel und unterhalten uns über die Frage des Tages . (Jeden Tag, bis Santiago de Compostela stellen wir uns eine (mehr oder weniger) tiefgreifende Frage - ja, wir ziehen das Pilger-Ding jetzt voll durch!) Zurück im Zimmer, fläzen wir uns auf die Betten und teilen Süßigkeiten. Plötzlich wird unser Zimmer von einer fröhlichen Partymeute gestürmt, die mit Rotwein und Plastikbechern bewaffnet ist. An Schlaf ist nun nicht mehr zu d...

Ain't no mountain high enough - Etappe 110

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Es ist sehr hügelig und seit neustem macht mein Vorderrad Faxen. Es eiert und schaukelt sich, wenn ich schnell fahre, so sehr auf, dass ich es kaum kontrolliert bekomme. Felddiagnose: Vorderradlager lose. Ich liebe mein Rad so sehr, aber mittlerweile ist mehr kaputt als heil. Langsam muss ich mich mit dem Gedanken anfreunden, dass ich mir wohl ein neues zulegen sollte. Beim Mittagessen treffen wir Arthur aus Bietigheim-Bissigen, der auch für mehrere Monate auf dem Rad unterwegs ist. Er schließt sich uns an und wir fahren zu dritt durch die malerischen Landschaften, bis wurde uns gemeinsam ein Nachtlager in den Weinbergen suchen.

Auf dem Jakobsweg - Etappe 109

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Obwohl schon Oktober ist, sind noch einige Pilger unterwegs, alle mit Jakobsmuschel, als Erkennungszeichen. Meine Muschel heißt "Mupfel" und ich hoffe, dass sie heil in Santiago de Compostela ankommt; die Schotterstraßen lassen sie an meinem Rucksack hin und her fliegen. Zuerst versuchen wir eine Zeit lang den Wanderweg entlang zu fahren, aber als die Steine immer größer werden, besinnen wir uns auf den guten alten Eurovelo zurück. Er führt vor allem an Schnellstraßen entlang, aber dafür ist er zum größten Teil asphaltiert. Heute Nacht schlagen wir unser Lager im Olivenhain auf. Die Oliven sind aber noch nicht reif und schmecken garstig. Dafür sind wir wind- und sichtgeschützt.

Pamplona

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Wie immer in Schlafsälen, gibt es einen, der schnarcht und damit alle anderen wach hält. Heute ist Kultur angesagt: wir spazieren entlang der Renaissance-Stadtmauern zur gigantischen Zisterne, um dann den Weg des Sanfermines , des berühmten Stierlaufs, zu beschreiten. Die engen Gassen und bunten Häuserschluchten sind malerisch. Unterwegs gehen wir shoppen: ich bin jetzt stolzer Besitzer einer Jakobsmuschel und damit ein vollständiger Pilger. Dazu gibt es Masken: einmal bunt für Lukas und mit Fahrrädern für mich.