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Fehlschlag - Etappe 190

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Soweit das Auge reicht, fahren wir durch Olivenhaine; es gibt große, kleine, alte, junge, knorrige und verzweigte Bäumchen. Es ist richtig schön. Ein Pausetag wäre mal wieder nötig, nach den doch sehr langen letzten Etappen, aber erstmal raus aus Italien. Der Wind ist auf unserer Seite und schiebt ordentlich an; die letzten 100 km bis zum Fähranleger fühlen sich gar nicht so weit an. Zwischendurch finden wir ein Geschäft, wo wir uns neue Fahrradschuhe kaufen - endlich! Seit Wochen suchen wir danach! Und jetzt müssen wir die verschlammten Dinger nicht einmal mehr putzten - jippie! Es fühlt sich trotzdem komisch an, als wir unsere Schuhe wegschmeißen. Fast zehn Monate und über 13.000 km haben sie uns getragen. Sie waren so tapfer, aber auch echt kaputt. Kurz vor Bari treffen wir auf Hartmut, der schon seit 13 Jahren dem deutschen Winter entflieht, indem er sich auf sein Rad schwingt und der Sonne hinterher fährt. Wir unterhalten uns eine Weile und er erzählt uns von einem schwarzen Panth...

Ein harter Tag - Etappe 189

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Die Nacht war überraschend warm - kein Körperteil ist abgefroren. Unser Wasser reich gerade noch für zwei Tassen Tee; kann ja keiner ahnen, dass wir den nächsten Supermarkt erst abends, kurz vor Sonnenuntergang finden werden. Der Weg führt entweder bergauf oder bergab - flach gibt es nicht. Die Landschaft erinnert mich an das Hintergrundbild von Windows XP . Die Straßen sind vor allem matschig. Wir müssen mal wieder alle paar Meter anhalten um die Räder vom Schlamm zu befreien. Manche Straßen wurden von Bächen weggespült und wir müssen abenteuerliche Wege finden, um auf die andere Seite zu kommen. Die Sonne brennt, die Hügel sind steil, wir schwitzen und langsam setzt Kopfweh vom Durst ein; der ganze Mund klebt schon zusammen. Zum Mittagessen gibt es den letzten Rest trockenes Müsli - traurig aber wahr: wir hatten schon schlechtere Mittagessen. Dass wir heute die nächste Provinzgrenze passieren, juckt auch diesmal keinen. Italien geht am Montag in den Lockdown. Daher sollten wir uns sp...

Im Apennin-Gebirge - Etappe 188

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Der Verkehr ist anstrengend. Andauernd werden wir angehupt. Das ist zwar nett gemeint und die Fahrer winken uns alle zu und geben uns den Daumen hoch , aber der Lärm und die haarscharfen Überholmanöver zehren an den Nerven. In einer schmalen Kurve verkeilt sich ein türkischer LKW zwischen zwei Hausecken. Der Fahrer tastet sich Millimeter um Millimeter voran, während er von den italienischen LKW-Fahrern angebrüllt wird - der von Goethe romantisch verklärte Müßiggang in Italien ist wohl über die Jahrhunderte abhanden gekommen. Frustriert bin ich auch wegen der immensen Menge an Müll die überall herumliegt. Seit Ewigkeiten schleppen wir unseren Müll mit uns herum, weil wir keine öffentlichen Mülleimer finden. Langsam frage ich mich warum ich die leere Gaskartusche immer noch spazieren fahre, während im Straßengraben alte Fernseher, Massen an Plastik und Klamotten vor sich hin gammeln. Lukas navigiert uns zwischen dem  Mittleren und dem  Südlichen Apennin-Gebirge hindurch. Es is...

Immer weiter radeln - Etappe 187

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Ich schlafe schlecht, es ist kalt. Ich vermisse ein Bett und vier Wände und ein Dach wäre auch klasse. Alle paar Minuten schaue ich auf die Uhr, bis ich am frühen Morgen doch noch einmal einschlafe. Lukas ist mit seinem Schlafsack klar im Vorteil. Die Morgensonne scheint schon wohlig warm und trocknet unser Zelt. Über uns kreist ein Eurofighter und vollführt Kunststücke: Loopings, Schrauben, Über-Kopf-und Sturz-Flüge -ein tolles Spektakel zum Frühstück. Heute bekommen wir wieder ganz viele Daumen hoch, von Autofahrern, Fahrradfahrern und Fußgängern. Das motiviert. Die Grenzüberschreitung von Latium nach Kampanien gelingt ohne Komplikationen. Es gibt keine Kontrolle und die vorbeifahrenden Carabinieri interessieren sich nicht für uns. Ansonsten sieht es nicht nach Lockdown aus. Offiziell sollten die Geschäfte geschlossen sein, sie sind aber geöffnet. Masken trägt man maximal unter's Kinn geklemmt - meist aber gar nicht. Desinfektionsmittel gibt es nicht. Es fühlt sich an, als ob...

Streckenrekord - Etappe 186

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Die Region rund um Neapel gehört nun auch zum "roten Gebiet" und geht daher in den Lockdown - das war unsere einzige Möglichkeit weiterzufahren. Das Reisen über Provinzen hinweg ist ohnehin verboten, aber jetzt auch der Transit und die Durchreise. Lukas ist besorgt, aber wir haben ausgemacht, dass wir solange radeln, bis man uns stoppt - okay, wir sind bisher auch weitergefahren, selbst wenn wir gestoppt wurden. Wo ein Wille ist, ist wortwörtlich auch ein Weg! Auf der Via Appia Antika , einer alten Römerstraße, fahren wir aus Rom heraus. Bis zu dem Punkt, an dem die kleinen, flachen  Papstpflaster  in die groben,  völkischen Pflastersteine übergehen, macht es Spaß. Dann gibt es mehr Schlaglöcher als Bodenbelag. Also auf die Staatsstraße, aber da ist so viel Verkehr. Zurück zur Via Appia , aber die ist durch den Regen überflutet. Okay, dann halt durch die Dörfer. Plötzlich fängt es an zu regnen und wir retten uns gerade noch unter ein Vordach, bevor es richtig schüttet. In...

Ciao Roma

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Stadt der Brunnen, Stadt der sieben Hügel, die ewige Stadt... Rom hat viele Namen und noch mehr Geschichten zu bieten. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu erzählen. Vor 15 Jahren war ich zum ersten Mal in Rom. Da war es laut, bunt, die Straßen waren standartmäßig verstopft, alle Sehenswürdigkeiten waren überfüllt, in den Schlangen vorm Eingang musste man stundenlang warten und die Straßenhändler und Touristenführer waren überall um einem irgendetwas aufzuschwatzen. Und jetzt? Nichts davon! Rom ist wie leer gefegt. Rom so entspannt zu erleben ist etwas ganz Besonderes. An jeder Straßenecke gibt es etwas zu entdecken: antike Bauten, Denkmäler, Paläste aus allen Epochen der Zeitgeschichte und eine Menge an Historie. Keine Info-Tafel ist vor mir sicher - ich lese alles und lade einen Audioguide herunter. Nach den paar Tagen hier, bin ich mir sicher, dass ich den Rest meines Lebens brauchen würde um alles zu erfassen. Viele Plätze in der Altstadt werden vom Militär bewacht. Die Poli...

Alle Wege führen nach Rom - Etappe 185

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Die Fährfahrt von Barcelona nach Civitavecchia dauert 20 Stunden. Wir haben das billigste Ticket gekauft und damit keinen Schlafplatz. Auf den bisherigen Fähren gab es wenigstens einen abgedunkelten Sitzbereich. Nach zwei Stunden ziellosen Herumstreunerns geben wir die Hoffnung, einen Schlafplatz zu finden, auf und buchen uns Sitze. Extra für uns wird ein Raum aufgeschlossen, wo wir uns ausbreiten - Jackpot! Tagsüber pilgern Lukas und ich immer wieder an Deck um die Meerenge zwischen Korsika und Sardinien nicht zu verpassen - sieht ganz schön hügelig aus. Nach dem Anlegen müssen wir (im Gegensatz zu Nicht-EU-Bürgern) nur kurz unsere Ausweise zeigen und werden durchgewunken - keine Kontrolle des Covid-Tests, der Unterkunft oder sonstiger Regelungen. Die Nacht verbringen wir in einer Pension in Civitavecchia und morgens geht es los nach Rom! Die 80 km vergehen wie im Flug, so ausgeruht wie wir sind. Wir fahren die Via Aurelia , eine alte Römerstraße, die links und rechts mit Müll (Elektr...