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Frühlingserwachen - Etappe 198

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Wir werden von der Morgensonne geweckt, die direkt in unser Zimmer scheint. Es ist heute richtig warm. Wir radeln weiter entlang der Küste, wo weiße Felsen aus dem azurblauen Meer heraus ragen. Die Klippen sind steil und wir kommen ganz schön ins Schwitzen. Am Wegesrand stehen Blumen, die kräftig in orange und gelb leuchten, überall duftet es. Kaum sind wir über den Berg, reißt diesmal Lukas' Schaltzug, es steht jetzt 4:2. Möglichkeiten zum Wildcampen sind auch heute nicht vorhanden und wir haben auch nicht wirklich Lust danach Ausschau zu halten - man gewöhnt sich einfach zu schnell an den Komfort eines Bettes. Und nicht nur das, im B&B gibt es sogar eine Badewanne. Ich bin auf Wolke sieben. Nach einem heißen Schaumbad bin ich total müde.

10 Monate im Sattel - Etappe 197

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Wenn man jeden Tag woanders übernachtet, ist es (zumindest für mich) schwierig, sich im Dunkeln zurechtzufinden. Orientierungslos irre ich umher: Wo ist die Toilette?. Wo waren nochmal die Türen? Das Licht? Das Klopapier? Das italienische Frühstück ist erfahrungsgemäß enttäuschend: ein Kaffee und ein abgepacktes Croissant - das hält nicht sehr lange vor. Das Wetter ist dafür fantastisch. Die Sonne scheint, der Himmel ist wolkenlos, es weht ein laues Lüftchen, die Radwege (yieha, es gibt RADWEGE!!) sind perfekt asphaltiert und der Weg sogar beschildert. Wir sind super motiviert! Die ganze Küste ist eine einzige lange Strandpromenade, keine Ahnung wann eine Stadt aufhört und die nächste beginnt. Es sind total viele Leute unterwegs: zu Fuß, auf dem Rad, auf Rollern, auf Rollschuhen... Straßenmärkte sind geöffnet, auf ihnen wird Obst, Gemüse, Fisch, Klamotten und aller möglicher Ramsch feilgeboten. Die Polizei steht mittendrin, ohne Maske, und plaudert mit Passanten - von Lockdown keine Sp...

14.000 km - Etappe 196

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Ein Tag Pause wirkt manchmal wahre Wunder. Ich bin wieder richtig ausgeschlafen, satt gegessen und fühle mich fit. So macht Fahrradfahren wieder richtig Spaß! Der Wind ist zwar noch stark, aber bei weitem kein Sturm mehr. Links des Weges türmen sich schneebedeckte Berge und rechts der Straße schwappt das Mittelmeer hin und her. Die ganze Küste entlang, stehen die für die typischen  Trabucchi , das sind zum Fischen genutzte Pfahlbauten. Seit langem gibt es auch wieder richtig gute Radwege. Es ist so viel entspannter, wenn nicht andauernd LKWs an einem vorbeiziehen. Noch besser ist, dass es auf dem Radweg Tunnel gibt, das heißt, wir sparen uns Höhenmeter - zumindest in der Theorie. In der Praxis sind die Tunnel aus unerfindlichen Gründen abgesperrt. Zuerst sind es nur Bauzäune, an denen wir uns vorbeidrücken können. Später müssen wir abladen und die Fahrräder über riesige Steinblöcke heben. Die ersten Blockaden überwinden wir noch, aber nachdem wir feststellen, dass jeder Tunnel abge...

Osterei im Riesenformat - Etappe 195

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Beim Zusammenpacken fährt der Bauer mit seinem Trecker an uns vorbei, winkt freundlich und wünscht uns eine gute Weiterfahrt. Wir fahren gegen den Wind an - naja, ich fahre gegen den Wind an, Lukas merkt nichts davon. Das ist für uns beide frustrierend: ich fahre gefühlt den ganzen Tag bergauf, Lukas tritt einmal und ist sofort kilometerweit voraus. Deswegen friert er und mir schmerzt die Beinmuskulatur. Bei Windböen von 40 km/h macht das so gar keinen Spaß. Daher geht es für uns in ein Bed&Breakfast, wo wir den heutigen und morgigen Sturm aussitzen. Mittwoch soll es besser werden. Im Supermarkt stehen überall riesige Schokoladeneier, die großartige Überraschungen verkünden. So bunt wie die eingepackt sind, sind sie schlecht zu übersehen und noch schlechter zu verstecken. Diese Eier gab es übrigens schon vor der Mini-Version von Ferrero , sie haben eine lange Oster-Tradition in Italien. Alle scheinen mich anzuflehen: kauf mich, iss mich, schau dir meine Überraschung an! Ich kann n...

Nordwind - Etappe 194

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Da Lukas gestern versehentlich Sprudel anstatt stillem Wasser gekauft hat, gibt es zum Frühstück Schoko-Müsli mit Blubber-Wasser. Das ist in meinem "Rating der abartigsten Mahlzeiten" auf jeden Fall in den Top Ten - brrr. Kaum über den ersten Hügel drüber, reißt mein Schaltzug. Jetzt steht es 3:2 für Lukas. Wir haben natürlich Ersatz am Start. Die Carabinieri interessieren sich überhaupt nicht für uns, noch nichteinmal als wir ihnen von der falschen Seite in einer Einbahnstraße entgegen kommen - wunderbar! Der Wind Tramontane an der Adriaküste ist berühmt berüchtigt. Er ist ein starker, eisiger Fallwind, der vom Norden her weht. Regelmäßig werden davon Bäume gefällt, Dächer abgedeckt und Boote umkippt. Mittags fegt er uns wortwörtlich den Belag vom Brot. Nachmittags entfernen wir uns von der Küste und fahren ins Landesinnere, dort ist der Wind etwas schwächer, aber nicht weniger kalt. Abends im Zelt brüten wir die Gaskartusche abwechselnd unter unseren Shirts warm, in der H...

Pizzomunno - Etappe 193

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Wir wachen auf und es regnet - nicht viel, aber genug, dass wir erstmal im Zelt liegen bleiben - ein wunderbar entspannter Samstagmorgen. Nach dem Mittagessen strecken wir die Nasen heraus und beschließen, dass wir ein paar Kilometer fahren können. Die Landschaft ist unverändert schön, besonders die weißen Felsformationen. Die Küste entlang folgt ein Campingplatz auf den nächsten - die sind natürlich alle geschlossen. Kaum auszumalen, was hier normalerweise für ein Betrieb herrscht. Vor Kurven sind Stau-Warnschilder angebracht. In einem normalen Jahr, ist diese Strecke vermutlich ziemlich nervenaufreibend für Radfahrer, wenn sich hinter einem eine Kolonne an Wohnmobilen bildet, die auf den schmalen, kurvigen Straßen nicht überholen können, weil ihnen genausoviele Camper entgegen kommen. Jetzt fährt hier ab und zu ein Auto. Das Wahrzeichen der Stadt Vieste  ist der 25 m hohe Monolith Pizzomunno . Im Sommer tummeln sich um den Stein herum die Badegäste. Auch heute ist die Schlafplat...

Naturpark Gargano - Etappe 192

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Unser Camping-Gas, das wir in Rom gekauft haben, ist "Sommer-Gas". Damit dauert das Kochen, bei den aktuellen Temperaturen, ewig. Im Supermarkt, decken wir uns gleich für zwei Tage mit Verpflegung ein. Wir fahren in den Naturpark Gargano . Dort gibt es nur wenige Einkaufsmöglichkeiten und es ist ziemlich bergig, daher können wir schlecht abschätzen, wie weit wir kommen. Heute ist der Himmel wolkenverhangen und mittags warten wir eine Weile unter dem Vordach eines verlassenen Hauses, bis die böse schwarze Wolke weitergezogen ist. Die Zeit vertreiben wir uns mit einem vorgezogenem Mittagessen. Vor Kälte habe ich heute Nacht kaum ein Auge zugemacht, dementsprechend leistungsfähig bin ich. Ich krieche wie eine Schnecke die Hügel hoch, während Lukas oben auf mich wartet. Die Landschaft ist dafür phänomenal: Endlose Olivenhaine, alte Pinienwälder, weiße Felsen, türkisfarbenes Wasser, kleine Buchten. Im Sommer, bei Sonnenschein, strahlen die Felsen bestimmt noch heller! Die Suche na...

Planänderung - Etappe 191

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Da wir nicht nach Albanien ausreisen durften, sitzen wir das Unwetter, dem wir die letzten Tage davongefahren sind, in Bari aus. Es regnet, hagelt und stürmt. Währenddessen schmieden wie mal wieder einen Alternativplan. Die Fährverbindung nach Griechenland ist die einzige, die noch operiert. Für die Einreise bräuchten wir einen PCR-Test und müssten zusätzlich eine Woche in Quarantäne - darauf haben wir keine Lust. Wir schlendern am Bahnhof vorbei. Dort stehen überall Soldaten, die alle Gleise und die Ticketschalter kontrollieren. Wenn wir in den Zug steigen, müssten wir direkt nach Hause fahren, da alle Bahnhöfe kontrolliert werden und uns nicht mehr erlaubt würde, das Bahnhofsgelände zu verlassen - das ist keine Option. Wir wägen alle Möglichkeiten ab, doch im Grunde ist klar, wir haben nur eine: in Italien weiterfahren und uns nicht von den Carabinieri erwischen lassen. Die Ostküste entlang führt der Adria-Küsten-Radweg BI6 , dem wollen wir erst einmal bis nach Venedig folgen. Es i...

Fehlschlag - Etappe 190

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Soweit das Auge reicht, fahren wir durch Olivenhaine; es gibt große, kleine, alte, junge, knorrige und verzweigte Bäumchen. Es ist richtig schön. Ein Pausetag wäre mal wieder nötig, nach den doch sehr langen letzten Etappen, aber erstmal raus aus Italien. Der Wind ist auf unserer Seite und schiebt ordentlich an; die letzten 100 km bis zum Fähranleger fühlen sich gar nicht so weit an. Zwischendurch finden wir ein Geschäft, wo wir uns neue Fahrradschuhe kaufen - endlich! Seit Wochen suchen wir danach! Und jetzt müssen wir die verschlammten Dinger nicht einmal mehr putzten - jippie! Es fühlt sich trotzdem komisch an, als wir unsere Schuhe wegschmeißen. Fast zehn Monate und über 13.000 km haben sie uns getragen. Sie waren so tapfer, aber auch echt kaputt. Kurz vor Bari treffen wir auf Hartmut, der schon seit 13 Jahren dem deutschen Winter entflieht, indem er sich auf sein Rad schwingt und der Sonne hinterher fährt. Wir unterhalten uns eine Weile und er erzählt uns von einem schwarzen Panth...

Ein harter Tag - Etappe 189

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Die Nacht war überraschend warm - kein Körperteil ist abgefroren. Unser Wasser reich gerade noch für zwei Tassen Tee; kann ja keiner ahnen, dass wir den nächsten Supermarkt erst abends, kurz vor Sonnenuntergang finden werden. Der Weg führt entweder bergauf oder bergab - flach gibt es nicht. Die Landschaft erinnert mich an das Hintergrundbild von Windows XP . Die Straßen sind vor allem matschig. Wir müssen mal wieder alle paar Meter anhalten um die Räder vom Schlamm zu befreien. Manche Straßen wurden von Bächen weggespült und wir müssen abenteuerliche Wege finden, um auf die andere Seite zu kommen. Die Sonne brennt, die Hügel sind steil, wir schwitzen und langsam setzt Kopfweh vom Durst ein; der ganze Mund klebt schon zusammen. Zum Mittagessen gibt es den letzten Rest trockenes Müsli - traurig aber wahr: wir hatten schon schlechtere Mittagessen. Dass wir heute die nächste Provinzgrenze passieren, juckt auch diesmal keinen. Italien geht am Montag in den Lockdown. Daher sollten wir uns sp...